Der Europäische Sozialfonds Plus (ESF Plus) unterstützt Menschen in der Europäischen Union (EU) mit konkreten Maßnahmen bei der Bewältigung wirtschaftlicher und sozialer Herausforderungen. Er stärkt die soziale Dimension der Europäischen Union im Einklang mit der Europäischen Säule sozialer Rechte (ESSR) und fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der EU. Damit der ESF Plus diese Ziele erreichen kann, müssen die geförderten Maßnahmen im Wertefundament der Europäischen Union verankert sein. Dies gilt insbesondere für die Achtung der Grundrechte.
Inhalt der Charta
In der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) sind die persönlichen, bürgerlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte und Freiheiten der Menschen enthalten, die in der Europäischen Union leben. In den einzelnen Mitgliedstaaten sind die Grundrechte in den jeweiligen nationalen Rechtssystemen festgeschrieben und werden von nationalen Gerichten durchgesetzt. Zum Beispiel sind in Deutschland viele der in der Charta enthaltenen Grundrechte im Grundgesetz verankert. Die Charta selbst ist in sechs Kapitel untergliedert:
- Würde des Menschen
- Freiheiten
- Gleichheit
- Solidarität
- Bürgerrechte
- Justizielle Rechte
Berücksichtigung der Charta in ESF Plus-Vorhaben
Hinweise dazu, wie die Charta im Zusammenhang mit ESF Plus-Vorhaben berücksichtigt werden kann, enthalten die Leitlinien der Europäischen Kommission zur Sicherstellung der Einhaltung der Charta der Grundrechte bei der Durchführung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds ("ESI-Fonds").
Bei der Planung und Umsetzung von ESF Plus-Vorhaben ist die Achtung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gemäß Artikel 15 in Verbindung mit Anhang III der Verordnung (EU) 2021/1060 eine Voraussetzung dafür, dass Mittel aus dem ESF Plus zur Verfügung gestellt werden. Alle aus dem ESF Plus finanzierten Vorhaben müssen gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/1057 unter Einhaltung der Charta der Grundrechte ausgewählt und durchgeführt werden. Ein Verstoß gegen die Charta der Grundrechte kann unter Umständen zur Aussetzung von Zahlungen durch die Europäische Union führen.
Die ESF-Verwaltungsbehörde verpflichtet die an der ESF Plus-Förderung des Freistaats Thüringen beteiligten Stellen und Begünstigten der Förderung zur Einhaltung der Charta in ihrem jeweiligen Aufgabenbereich. Die Verpflichtung umfasst insbesondere die Wahrung der Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 20 GRC), die Gleichheit von Frauen und Männern (Art. 23 GRC), die Nichtdiskriminierung (Art. 21 GRC), die Integration von Menschen mit Behinderung (Art. 26 GRC) sowie den Umweltschutz (Art. 37 GRC) und die Achtung des Schutzes personenbezogener Daten (Art. 8 GRC) im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung als grundlegende Prinzipien und Rechte gemäß der Charta in allen Phasen und Bereichen der Programmumsetzung.
Beschwerden bei Nichteinhaltung der Charta
Sofern Sie sich im Zusammenhang mit der Umsetzung eines aus dem ESF Plus geförderten Vorhabens in Ihren Grundrechten gemäß der Charta als verletzt ansehen, besitzen Sie die Möglichkeit der Beschwerde.
Bitte melden Sie ausschließlich Fälle von Grundrechtsverletzungen, die im Zusammenhang mit Förderungen aus dem ESF Plus Programm Thüringen der Förderperiode 2021 bis 2027 stehen. Die Hinweise werden vertraulich behandelt.
Bitte beschreiben Sie den Fall möglichst konkret und umfassend und benennen den Namen des ESF Plus-Vorhabens, an dem Sie teilgenommen haben.
Damit Ihrer Beschwerde umfassend nachgegangen werden kann, sollten Sie bei der Formulierung Ihrer Nachricht die folgenden Grundsätze beachten:
- Beschreiben Sie bitte konkret und detailliert, wer, wann, was getan hat.
- Schildern Sie bitte Ihre Beobachtungen und Erkenntnisse zu den Handlungen möglichst konkret, detailliert und umfassend.
- Schildern Sie bitte Fakten und Daten und vermeiden Sie Mutmaßungen.
Je konkreter Ihr Beschwerdetext ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Verstöße im Zusammenhang mit der Charta der Grundrechte der EU im Rahmen des ESF Plus Programm Thüringen der Förderperiode 2021 bis 2027 aufgedeckt werden.
Ihre Beschwerde richten Sie bitte schriftlich an:
Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie
Referat 34 – Verwaltungsbehörde ESF
Werner-Seelenbinder-Str. 6
99096 Erfurt
oder per E-Mail an esf-charta@tmasgff.thueringen.de
Wichtiger Hinweis: Der Schutz der individuellen Menschenrechte in Deutschland obliegt grundsätzlich den Gerichten. Im deutschen Rechtssystem muss und kann grundsätzlich jeder die Verletzung seiner Rechte selbst gerichtlich geltend machen. Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes garantiert dafür den Rechtsweg.
Das Beschwerdeverfahren im Zusammenhang mit einem möglichen Verstoß gegen die Charta der Grundrechte bei der Verwaltungsbehörde ESF besteht unabhängig von einer möglichen Einreichung einer Klage durch die beschwerdeführende Person. Ein Klageverfahren kann i. d. R. nur die in ihren subjektiven Rechten verletzte beschwerdeführende Person veranlassen.
Des Weiteren erhalten Sie (je nach Art des Verstoßes) u. a. bei folgenden Stellen themenbezogene Informationen und Fachwissen:
Allgemein zu den Grundrechten:
- Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA)
- Deutsches Institut für Menschenrechte (DIMR)
- Human Rights Watch
- Amnesty Interantional
Weitere überregionale Stellen finden Sie auf der Informationsseite des Bundes-ESF.
Beauftragte der Thüringer Landesregierung:
- Beauftragter der Landesregierung für jüdisches Leben in Thüringen und die Bekämpfung des Antisemitismus
- Beauftragte für Integration, Migration und Flüchtlinge
- Beauftragte für die Gleichstellung von Frau und Mann
- Thüringer Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderungen
- Thüringer Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
- Landesantidiskriminierungsstelle (LADS)